An der TU Braunschweig hat er 10 Jahre lang in einer Abteilung für Prozessautomatisierung gearbeitet und als Systems Engineer in den Bereich Industrierobotik und KI geforscht. Sein eigenes neuronales Netzwerk trainiert Dr. Paul Bobka gerne mit neuen Herausforderungen: ob privat in seiner Fahrradwerkstatt oder beruflich mit schweißtechnischen Vokabeln. Seit diesem Jahr leitet Dr. Paul Bobka die Forschung bei der SLV Halle GmbH und bringt seine Expertise in maschinellem Lernen in die Schweißtechnik ein. Wir heißen ihn herzlich willkommen!
Kurz nachgefragt bei Paul Bobka!
Anlässlich seines Neustarts als Abteilungsleiter für die Forschung und Entwicklung haben wir nachgefragt.
In welcher Verbindung stehen Sie zur Schweißtechnik?
Bobka: Tatsächlich habe ich zwei kleine Schweißerpässe - einen für das autogene Schweißen und einen für das WIG-Schweißen - über die Bundeswehr bei der SLV Halle GmbH erworben. Ich komme ursprünglich aus dem Südharz-Vorland, und das war mein erster Berührungspunkt mit der Schweißtechnik und diesem Unternehmen. An der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig habe ich dann Maschinenbau studiert und konnte den ersten Teil des Schweißfachingenieurs absolvieren.
Wie sah Ihr weiterer beruflicher Werdegang aus?
Während meines Masterstudiums in Nordhausen war ich als HiWi am Fraunhofer-Institut Halle tätig und konnte hier schöne Projekte begleiten und viele Erfahrungen im Bereich Konstruktion und Werkzeugdesign sammeln. Doch ich wollte tiefer in die Bereiche Robotik, Produktions- und Automatisierungstechnik einsteigen, weshalb ich an die TU Braunschweig ging, um auch zu promovieren.
Als Projekt- und Teamleiter arbeitete ich an vielfältigen Themen wie Brennstoffzellen, Elektrolysezellen, Pharmatechnik, Mikromontage und Industrierobotik, primär im Kontext Automatisierungstechnik. Besonders faszinierte mich die Robotik und die Möglichkeiten, die maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz (KI) bieten. Diese Art der Herausforderung macht mir Spaß, sich immer neu hineinzudenken. Deshalb habe ich mich viel mit der praktischen Anwendung und Entwicklung von künstlichen neuronalen Netzen und anderen Algorithmen des maschinellen Lernens in der Automatisierung beschäftigt. Als Systems Engineer konnte ich mein Wissen über Ingenieurswissenschaften mit dem über Informatik kombinieren, um komplexe technische Systeme in großen Projekten zu entwickeln und zu realisieren. In meiner Dissertation habe ich mich dann mit der „Genauigkeitssteigerung in der robotergeführten Brennstoffzellenmontage mittels künstlicher neuronaler Netze“ befasst. Gerne hätte ich auch weiter zur Mensch-Roboter-Kooperation (MRK) geforscht, allerdings musste ich bei all den schönen Themen priorisieren.
Unabhängig vom Themenfeld war die Zusammenarbeit mit Studierenden, wissenschaftlichen Mitarbeitenden und Nachwuchskräften für mich immer wichtig, da Sie unbelastet und vorurteilsfrei in Themen hineingehen. Sie haben mir mehr als einmal die Augen geöffnet. Gemeinsam konnten wir viele neue Ideen verwirklichen. Diese Zusammenarbeit, die lockere, freundschaftliche und kreative Atmosphäre mit Studierenden und Fachkräften habe ich in Braunschweig immer sehr geliebt.
Womit schaffen Sie sich privat Ausgleich zu den vielen komplexen Forschungsthemen?
Neben Robotik und 3D-Druck habe ich noch andere Hobbys. Eines ist in den letzten Jahren etwas ausgeufert: Ich schraube gerne an Fahrrädern – vom Retro-Tourer bis zum modernen Rennrad ist alles dabei. Mittlerweile habe ich sieben Stück, alle für verschiedene Einsatzzwecke. Vernünftig ist das nicht, am Ende benötige ich eigentlich nur ein Fahrrad. Spaß macht es trotzdem.
Tatsächlich macht es mich mittlerweile ganz unruhig, wenn ich unterwegs defekte Räder sehe. In meiner kleinen Werkstatt kann ich dieser Leidenschaft gut nachkommen und helfe gerne Freunden und Bekannten mit ihren Fahrrädern. Gerade sind zwei/drei im Auf- und Umbau. Schlimm ist nur, dass immer Teile übrig sind und daraus weitere Fahrräder gebaut werden könnten.
Was hat Sie zurück nach Halle geführt?
Eigentlich war ich nie weg, nur eben in Braunschweig und Halle unterwegs. In Halle zu arbeiten, bedeutet für mich nun weniger Zeit auf der Autobahn und mehr Zeit für die Familie. Familie und Freunde sind keine Selbstverständlichkeit, die einfach an einem vorbeirauschen dürfen. Ein weiterer Punkt war der Wunsch, nach meinem 10-jährigen Jubiläum in Braunschweig neue Pfade entdecken zu wollen. Als ich dann nach Forschungseinrichtungen in der Umgebung gesucht habe, habe ich die SLV Halle wiederentdeckt und mich erfolgreich als Abteilungsleiter beworben.
Das Zeitalter der KI bricht an. Wo sehen Sie als Experte die größten Potenziale für die Schweißtechnik?
Als Experte würde ich mich so direkt nicht bezeichnen. Aber an der Resonanz zu Veröffentlichungen im Bereich Mensch-Roboter-Kollaboration wurde mir als wissenschaftlicher Mitarbeiter deutlich, wie mächtig und wie vielseitig die Methoden des maschinellen Lernens und wie weitreichend das Themenfeld künstliche Intelligenz ist - auch in der Schweißtechnik.
Wichtig aus meiner Sicht ist, dass der Schlüssel für eine erfolgreiche KI-Anwendung in einer guten Gesamtstrategie liegt, was organisatorische und technische Entscheidungen gleichermaßen betrifft. Ein Beispiel ist die drahtbasierte additive Fertigung metallischer Bauteile. Dort sind wir in der SLV Halle bereits stark aufgestellt. Mit maschinellem Lernen bzw. KI-Methoden können wir perspektivisch Parametereinstellungen automatisiert optimieren, Fehler minimieren und die Qualität der Bauteile verbessern.
Parameterstudien, Testschweißungen und Prototypenbau sind wichtige praktische Bausteine. Deswegen ist die enge Zusammenarbeit mit der Qualitätssicherung und den Fachkräften in der Fertigung unerlässlich. Alle bedingen sich gegenseitig. Das eine kann sich nicht ohne das andere verbessern. Hier bekomme ich die Möglichkeit, im Team herausfordernde Projekte zu gestalten, bei denen eine solche Verzahnung sehr wichtig ist. Ich darf eine vielseitige, umfangreiche Abteilung mit tollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern leiten und an spannenden Projekten teilhaben. Außerdem sind eigene Ideen willkommen, so kann ich gleichzeitig meinen Wissensdurst und Forschungsdrang stillen. Mich begeistern einfach neue Themen. Herausforderungen machen mir Spaß. Wenn man kontinuierlich lernt, kommt nie Langeweile auf.
Das heißt, Sie sind bereits gut in der SLV Halle GmbH angekommen?
Ja, ich fühle mich hier sehr wohl. Besonders gefällt es mir, dass der persönliche Austausch stets im Fokus steht, und somit viel mehr Symbiosen, Impulse und Ideen entstehen können. Statt einer E-Mail und Abstand kommt man hier ins fachliche Gespräch – auch mit anderen Abteilungen. Das ist wichtig, um gesamtheitlich denken zu können.
Besonders spannend finde ich die Werkstofftechnik, das Thema ist für mich komplett neu. Täglich lerne ich neue Dinge hinzu, Vokabeln inklusive. Gleichzeitig erhalte ich tiefere Einblicke in mir bereits Bekanntem. Ich habe schon einiges über Schweißverfahren lernen dürfen.
Insgesamt gibt es an der SLV Halle so viele Themen zu entdecken und wir haben viele Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung und Entfaltung. Das ist ein wahrer Luxus für die Forschung und Entwicklung, für den ich sehr dankbar bin.
Mit der breit aufgestellten Belegschaft und allen Fachverbänden, Forschungseinrichtungen, Normungsgremien sowie Industrieclustern kann ich auf ein starkes Netzwerk der SLV Halle GmbH zugreifen. Das ist super! Als gemeinnützige Industrieforschungseinrichtung sind wir rechtlich und wirtschaftlich unabhängig. Wir sind das Bindeglied zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Wir dürfen Neues denken, Neues entwickeln und Neues versuchen.
Wir danken für Ihre persönlichen Einblicke und wünschen Ihnen viel Freude und Erfolg beim Forschen. Wir freuen uns schon, die Zukunft mit Ihnen zu gestalten.